Originalartikel von Jutter Werner
Aufbereitung für das Internet: Holger Sörensen / Peter Kayser

Salsa: Das wilde
Vergnügen

Harburg (wer). Es genügt diese nette Aufforderung: "Tja, dann tanzen wir doch einfach durchs Leben!" Mehr Worte muss der Mann mit Dreitagebart - mit dunkler Sonnenbrille und weißem Sombrero fürs Werbefoto als Latino verkleidet - nicht machen. Die Leute kommen auch so zu ihm: freiwillig und in Scharen. Denn heute wird er, wie an vielen anderen Abenden, einen einfachen Weg zu Glück und mehr Lebensfreude zeigen: die Salsa. Das klingt nach Soße, heißt übersetzt aus dem Spanischen auch so, eben geschmacklich eine Mischung verschiedener Zutaten. Genau das ist sie, die Salsa: eine Verschmelzung verschiedener Tanzrhythmen, ursprünglich aus der spanischsprachigen Karibik.

Noch haben die Mundwinkel leichte Tendenz nach unten, und die Blicke sind suchend nach oben gerichtet. Doch es wird nicht lange dauern, sagt Rainer Drews, und das Fieber beginnt. Dann fielen die Alltagssorgen ab, und am Ende tanze die pure Lebensfreude. Es sei das Versprechen auf Extase, das diese ursprünglich aus den "Barrios", den Baracken, stammenden Rhythmen weltweit bei den Großstädtern so beliebt machten.

Hunderte dieser begeisterten Tänzerinnen und Tänzer kommen montags ins "SportSpaß" im Westfalenweg 11 am Berliner Tor: Im Alter von 20 bis 60 Jahren und aus den verschiedensten Berufen stammend, wollten sie nur das eine: die Salsa tanzen lernen - "und Kontakt mit dem anderen Geschlecht aufnehmen", sagt Kursusleiter Drews. Die meisten seien Singles, doch bei diesem Tanz ist das klasssische Duo Frau/Mann gefragt.

Drews hat die Salsa zum ersten Mal auf einer Südamerikareise erlebt - und Feuer gefangen. Zurück in Hamburg ließ er sich die Schritte inklusive Hüftschwung von befreundeten Chilenen zeigen, gab bald sein Können an andere weiter und hat sich nun in diesem Monat selbstständig gemacht. Bis zu 300 Tanzlustige unterrichtet der ehemals arbeitslose Retuscheur in Sportvereinen, Tanzschulen, beispielsweise auch an der Volkshochschule in Harburg. Noch ist kein Ende des Booms abzusehen.

Was ist bloß dran an diesem Rhythmus, bei dem offenbar fast jeder mit muss? "Südamerika und die Karibik sind einfach in", antwortet er und vermutet dahinter das Bedürfnis nach einem leichteren Leben: "Man will sich hingeben und Gefühle haben." Dennoch sei der Sound austauschbar.

Denn entscheidend für das Gefühl von Freiheit und Glück beim Tanz sei ein Rhythmus, der das Ursprüngliche anspreche. Dieser finde sich in vielen Musikstilen und keineswegs nur in der Salsa. Im Alltagsstress verlören die Menschen oft ihren eigenen Rhythmus. Tanzen helfe, diesen wiederzufinden, sich von den Zwängen des Alltags zu befreien. "Danach fühlt man sich eingebettet in ein großes Ganzes." Alles drehe sich - die Erde um ihre eigene Achse, das Blut im Kreislauf -, und wir drehten uns mit. Tanzen sei, wie das Singen, ein Grundbedürfnis des Menschen. In der tänzerischen Bewegung könne der Mensch wieder Kontakt zu sich selbst aufnehmen, Kraftquellen erschließen und mehr Lebensfreude gewinnen, behaupten Tanztherapeuten - und Drews nickt.

Als Tanzlehrer achte er zwar zunächst darauf, dass seine Schüler in der richtigen Schrittfolge tanzten. Doch sobald sie die Technik beherrschten, seien sie aufgefordert, ihren eigenen Stil zu entdecken. Motto: "Heraus aus dem Kopf, hinein in die Hüfte." Dann erst beginne das wilde Vergnügen. "Je mehr man da hineingeht, desto wohler fühlt man sich", sagt Nina Czaplinski aus Neugraben.

Die 17-jährige Schülerin hat bei Drews an der Volkshochschule Harburg die Salsa erlernt und gehört seitdem zur Fangemeinde. "Das ist einfach ein wunderschöner Rhythmus", schwärmt sie. "Das lockert den Körper und macht gute Laune", haben Anke und Herbert Noff aus Harburg erlebt. Die Mitt-40er waren auf der Suche nach einer gemeinsamen Freizeitbeschäftigung und tanzen seitdem ausgelassen zu Zweit die Salsa: "Diese Musik macht einfach fröhlich", sagt Anke Noff. Haben Sie Interesse?